
Martin Heng teilt mit ReisenmitRollstuhl.de die Leidenschaft am Reisen, fremde Länder und Regionen abseits der ausgetrampelten Touristenpfade zu besuchen.
In Melboune, Australien lebend hat er sich nicht nur als Mitarbeiter des weltbekannten Reiseführerverlags Lonely Planet schon immer für eine bessere Versorgung von behinderten Menschen engagiert. 2013 gründete Martin Heng einen Blog und richtete einen Pinterest Account ein, um mehr Aufmerksamkeit auf behinderte Menschen und ihre Anliegen zu lenken. Ende 2013 wurde er zum Manager für barrierefreies Reisen bei Lonely Planet ernannt und moderiert seitdem im verlagseigenen Blog „Thorntree“ die Kategorie Travellers with Disabilities. Ungefähr zur selben Zeit startete er auf Google+ die Communityseite Travel for all.
Martin Heng plant außerdem eine Liste mit relevanten Online-Plattformen zum Thema „Reisen mit Behinderung“ einzurichten und eine TV-Serie über das Thema „Reisen mit Rollstuhl“ zu starten.
ReisenmitRollstuhl.de arbeitet mit Martin Heng zusammen, um Behindertenreisen noch bekannter zu machen. Er gab uns ein Interview zum Thema „Reisen mit Behinderung“.
Interview mit Martin Heng
1. Warum ist es dir so wichtig, für das Reisen mit Behinderung zu werben?
Ich war schon immer ein Fan vom Reisen. Meine erste Auslandsreise unternahm ich mit 16 Jahren; ich fuhr von Birmingham, England in die Bretagne im Norden Frankreichs. Seitdem habe ich mehr als 40 Länder besucht und verbrachte einen Großteil der 80er und 90er Jahre in Asien und Mittelamerika.
Als ich schließlich in Melbourne ankam, hatte ich keine Ahnung, dass diese Stadt die Heimat des legendären Reiseführer-Verlags Lonely Planet ist, dessen Bücher ich auf vielen meiner Reisen dabei hatte. Als ausgebildeter Redakteur und Reiseveteran, war es nur natürlich, dass ich mich für einen Job in dem Unternehmen bewarb, dessen Kernüberzeugung es ist, dass „Reisen eine Kraft für das Gute ist, wenn man sie verantwortungsvoll praktiziert“. Reisen bildet und lehrt uns Toleranz, Verständnis und Geduld. Es lässt uns viel über die Kulturen und Gesellschaften anderer Länder lernen, aber darüber hinaus auch viel über die menschliche Natur erfahren. Die Interaktion mit sehr unterschiedlichen Menschen, wie man sie auf Reisen trifft, prägt auch den menschlichen Umgang, den man zu Hause pflegt. Wer verantwortungsvoll reist, fördert außerdem die bereisten Regionen nicht nur ökonomisch, sondern auch intellektuell und sozial durch den Austausch mit den Menschen vor Ort.
2. Was auf deinen Reisen war das prägendste Erlebnis?
Natürlich sind es vor allem die Menschen – sowohl Mitreisende als auch die im Reiseland lebenden Menschen -, die jede Reise für mich zu so einem großartigen Erlebnis machen. Durch meine viele Reisen habe ich heute Freunde überall auf der Welt – auch meine Frau habe ich auf einer Reise kennengelernt. Nicht zu vergessen die erstaunlichen Orte, die ich besuchen durfte: der Regenwald von Borneo, die Maya-Tempel in Guatemala, die große Mauer in China, die Reisterrassen auf den nördlichen Philippinen, die Ryokans (Hotels) und Onsens (Freiluft-Bäder) in Japan, die Korallenriffe in Südostasien…
3. Wie können wir deiner Meinung nach Rollstuhlfahrer motivieren, Reisen in entlegene Regionen der Welt zu unternehmen?
Ich denke, der Rollstuhl ist nur ein Teil des Problems: Menschen benutzen Rollstühle aufgrund eines angeborenen Defekts, einer Krankheit oder einer Verletzung. Alle diese Dinge bringen spezielle Bedürfnisse mit sich, die in Entwicklungs- und Schwellenländern auf den ersten Blick schwer zu befriedigen sind. Jedoch gibt es Mittel und Wege, diese Probleme zu lösen. Viele Behinderte – darunter auch ich – haben die Erfahrung gemacht: je ärmer das Land, desto schlechter ist die Infrastruktur – desto größer ist jedoch die Bereitschaft und Fähigkeit der lokalen Bevölkerung dabei zu helfen, Schwierigkeiten zu überwinden. Das eigentliche Problem ist die Angst vor dem Unbekannten und eine mangelnde Bereitschaft, sich für eine Reise aus der eigenen Komfortzone zu bewegen, was verständlicherweise für behinderte Menschen viel schwieriger ist, als alle anderen.
Als Manager für Behindertenreisen bei Lonely Planet sind mir daher drei Dinge besonders wichtig:
- Den Menschen mit Behinderung anhand von Beispielen anderer zeigen, dass auch sie die vielen Vorteile des Reisens erleben können, weil so viel mehr möglich ist, als sie es sich vielleicht vorstellen.
- Menschen mit Behinderung die Angst vor dem Unbekannten zu nehmen, indem man ihnen so viele Informationen wie möglich über das Reisen mit Behinderung bereitstellt und ihnen klar aufzeigt, wie die Situation und Voraussetzungen in den Reiseorten sind und was sie dort erwartet.
- Reiseveranstalter sowie lokale, regionale und nationale Tourismusorganisationen darauf aufmerksam machen, dass es einen Milliarden-Dollar-Markt für barrierefreies Reisen weltweit gibt – nicht nur wegen vieler reiselustiger Rollstuhlfahrer, sondern auch deren Mitreisende, Familien und Freunde, Menschen mit Kleinkindern, Rentner, die Zeit und Geld zum Reisen haben, oft aber durch eine Krankheit oder ein körperliches Gebrechen auf speziellen Service angewiesen sind.