
Mein dritter Halbmarathon
Mit 5355 anderen Bekloppten um 4 Uhr morgens durch das leere Bangkok zu rennen, war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte! Alleine das Hinkommen war schon eine Challenge: Am Samstagabend wollte ich um 9 Uhr im Bett sein, um wenigstens 5 Stunden Schlaf vor dem großen Lauf zu bekommen – was natürlich NICHT geklappt hat. Ich schlief erst kurz nach 10 Uhr ein, um kurz darauf, nämlich um 2.30 Uhr dreißig vom Wecker aus dem Bett geklingelt zu werden. Es ist fast unmöglich, um diese Zeit in meiner Gegend ein Taxi zu bekommen, aber ich hatte Glück und fand sogar einen freundlichen Taxifahrer (eine Seltenheit in Bangkok), der mich auch noch kurz eine Sojamilch und eine Banane zum Frühstück kaufen ließ.
Um 3.15 Uhr kam ich dann an der Strecke an, die mit Flutlichtern beleuchtet und voller Leute war, die sich dehnten und aufwärmten. Also schnell ein paar Bilder für die Website gemacht, ein paar Dehnübungen machen und nach einer Kollegin suchen, die auch laufen wollte… Ich konnte sie leider in dem Trubel nicht finden. Dann begab ich mich an die Startlinie, versuchte nicht zu sehr in der Mitte zu stehen, um noch frische Luft zu bekommen und wurde von Minute zu Minute aufgeregter…
Der Start – endlich geht’s los
Nach drei Monaten Training bist du einfach glücklich, wenn es losgeht und du die Früchte deiner ewigen Runden durch den Park endlich ernten kannst. Es gab zu Beginn noch einige Reden, in denen auch erwähnt, dass heute 5355 Läufer am Start waren – ein neuer Rekord! Dann kam der Countdown und auf einmal rannten wir alle los. Es hat immer irgendwie was Erhebendes, in so einer großen Gruppe mitlaufen zu können, wenn es auch zu Beginn gar nicht so leicht fällt, den eigenen Rhythmus zu finden. Die ersten 10 km waren recht einfach, alles war so aufregend, die Leute freundlich und die Szenerie wunderschön… Allein das Laufen über Bangkoks große Brücken – mitten auf der Fahrbahn, die sonst verstopft von Autos und Motorrädern ist – war ein Erlebnis. Die Veranstaltung war wirklich gut organisiert, alle 3 km gab es eine Trinkstation. Wegen der Hitze, die schon jetzt beträchtlich war, goss ich mir das meiste einfach über den Kopf – eiskaltes Wasser, das einem über den Rücken läuft, gibt einem wirklich neue Energie!
Km 10 -18: Geschwindigkeit halten
Nach 10 km spürte ich meine Adern ganz schön pumpem, also versuchte ich mich mit einem Podcast der BBC über Kopfhörer abzulenken. Ich lernte eine Menge über Nahrungsmittelverschwendung und Wege, sie zu minimieren… 😉 Außerdem traf ich eine meiner Co-Läuferinnen, mit denen ich gemeinsam trainiert hatte – eine Blondine mit geflochtenem Haar. Wir schienen ungefähr dieselbe Geschwindigkeit zu laufen, also versuchte ich, mich an ihr zu orientieren. Außerdem war da dieser gut durchtrainierte Australier, der immer wieder Zwischensprints einlegte und so einmal vor mir, dann wieder hinter mir lief – mit seinem freien Oberkörper auch eine ganz gute Motivationshilfe 😉
Km 18 – 21: jetzt wird’s hart

Wenn man dann 18 km erreicht hat, denkt man: „Das lief doch eigentlich ganz easy und hey, nur noch 3 km.“ Aber glaubt mir: Noch nie haben sich 3 km sooooooo lange angefühlt. Als ich das Ziel in der Ferne erblickte, beschloss ich schneller z
u laufen, um das Gerenne möglichst bald hinter mir zu haben. Eine WIRKLICH blöde Idee und schon nach wenigen Metern musste ich meine Geschwindigkeit wieder drosseln. Zudem stieg die Sonne immer höher und es wurde von Minute zu Minute wärmer. Ich merkte, dass ich unterzuckert war, griff an einer Versorgungsstation nach einem Stück Wassermelone und trabte essend langsam weiter. Doch mein Ziel war ja eigentlich, unter 2 Stunden zu laufen, also beschleunigte ich meine Schritte wieder.
Die Atmosphäre war wirklich fantastisch, alle Zuschauer an der Strecke hielten ihren Daumen nach oben, wenn sie die Läufer passierten. Für die letzten 500 Meter setzte ich zu einem Sprint an. Es ist wirklich ein unglaubliches Gefühl, wenn du auf der Zielgeraden bist und dir alle zujubeln und dich anfeuern… Und dann über die Ziellinie zu sprinten und endlich, endlich stehen bleiben zu können und sich nur noch zu freuen, es geschafft zu haben!
„Ein Hoch auf uns!“
Nach dem Rennen schnappte ich mir eine der kostenlosen Wasserflaschen und ging auf eine Rasenfläche, um mich noch ein wenig zu dehnen – ganz schön schmerzhaft nach so einem langen Lauf. Eine meiner Kolleginnen lief beim 10-km-Lauf mit und ich hatte versprochen, auf sie zu warten, damit wir anschließend gemeinsam frühstücken gehen könnten. Ich schlenderte also ein wenig umher. Einige Freiwillige boten Fußmassagen an und das ließ ich mir natürlich nicht entgehen. Unglaublich, das sowas bei diesen Menschenmassen funktionierte. Dann nahm ich mir einen Frühstückssnack, der angeboten wurde und setzte mich an die Strecke, um auf meine Kollegin zu warten. Es war wirklich toll, die ersten Läufer zu beobachten, die die volle Marathonstrecke von 42 Km gelaufen waren – ich glaube, das wird mein nächstes Ziel sein. Ich meine, wenn man schon einen so strickten Laufplan über Wochen verfolgt, dann kann man doch auch die doppelte Strecke schaffen, oder?
Als meine Kollegin im Ziel angekommen war, begaben wir uns zu einem sehr beliebten Frühstücksrestaurant am Fluss und belohnten unseren Erfolg mit Pfannkuchen und Waffeln. Das ist eigentlich das Größte an so einem Rennen: Du kannst danach essen, so viel zu willst, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben!
Das Ergebnis

Platz 761 von insgesamt 5355 Läufern oder Platz 94 von 1002 Frauen!Die Resultate waren online abrufbar:
Meine Laufzeit: 2 Stunden und 11 Minuten.Platz 26 von 470 Läufern in der Kategorie „Frauen zwischen 30 und 39“.
Aber das beste war, dass es mir am nächsten Tag nicht schlecht ging. Und ich erreichte das Ziel, für Wheelchairtraveller 500 Euro zu sammeln! Unser Freund und Förderer Frederic spendete die noch fehlende Summe! Vielen herzlichen Dank an alle, die gespendet haben. Das Geld kommt dem Relaunch der Website zugute, an dem wir schon arbeiten und der im Frühling 2015 abgeschlossen sein wird.